Die Spucke ist analysiert, die Testergebnisse sind da und die Matchliste ist proppevoll.
Was nun?
Damit wir locker durchstarten können, sollte aber noch eine wichtige Vorarbeit erledigt werde:
Erstellen sie ein aussagekräftigen und maximal erforschten Stammbaum auf der Seite des Anbieters oder laden ihn dort per Gedcom-Datei hoch. Nachdem sie diesen Stammbaum mit ihrem DNA-Test verknüpft haben, können wir uns an die Klärung der einzelnen Matches (Personen, mit denen sie genetische Übereinstimmungen haben) machen.
Als ein Ergebnis ihres DNA-Test können sie auf der Webseite ihres Anbieters eine Auflistung ihrer Matches einsehen.
Diese Liste ist im Normalfall absteigend nach der Höhe ihrer genetischen Übereinstimmung in CentiMorgan sortiert.
Das CentiMorgan (abgekürzt cM) ist eine Hilfsmaßeinheit in der Genetik und spielt eine wichtige Rolle beim Matching. Dabei bezeichnet das CentiMorgan keine feste physische Länge (wie Zentimeter, Millimeter), aber es wird insbesondere in der DNA-Genealogie vereinfacht verwendet, um die Länge von DNA-Segmenten anzugeben.
Der Anteil der gemeinsamen DNA wird in cM-Werten angegeben und lässt gewisse Rückschlüsse darauf zu, in welchem Grade zwei Personen miteinander verwandt sind. Je größer der Anteil der gemeinsamen DNA in cM ist, um so näher liegt die vermutete Verwandtschaft und um so höher sind die Erfolgsaussichten eine Verbindung zu finden.
Nehmen sie also immer als erstes die Matches mit den höchsten cM-Werten in Angriff.
DNA-Matches auswerten und klären – Schritt 1
So, jetzt geht es aber endlich los mit dem Auswerten der Matches!
Hier meine persönliche Vorgehensweise bei Ancestry und MyHeritage:
Wir machen uns eine schöne Tasse Tee, legen eine Tafel Schokolade als Nervennahrung bereit und lassen dann erst einmal ganz entspannt den Test-Anbieter für uns arbeiten.
Ancestry und MyHeritage vergleichen nämlich intern automatisch alle von ihren Mitgliedern hinterlegten Stammbäume auf Namensgleichheiten und liefern im Falle einer Übereinstimmung eine Theorie über die mögliche Verwandtschaftsbeziehung zu einem Match. Die Qualität der Ergebnisse ist natürlich immer davon abhängig, wie genau die Angaben über die einzelnen Personen in den fremden Stammbäumen sind und ob die dort hinterlegten Daten auch wirklich richtig sind. Deshalb sollte man diese „Verwandtschaftsvermutungen“ auf jeden Fall immer genau auf Richtigkeit prüfen, bevor man sie in seine Forschungen übernimmt!
Diese „Arbeitserleichterung“ kann man übrigens nur nutzen, wenn man selber ebenfalls einen Stammbaum hinterlegt hat und dieser mit einem DNA-Test verknüpft ist. Deshalb ist das Erstellen oder Hochladen des eigenen Stammbaumes beim Test-Anbieter seiner Wahl eigentlich auch immer mit das Erste, was man machen sollte.
So, wie setzt man das Ganze jetzt in der Praxis um?
Im Grunde genommen ganz einfach, indem man die Liste seiner DNA-Matches öffnet und die angezeigten Matches nach einem bestimmten Kriterium filtert.
Bei MyHeritage heißt dieser Filter „Theory of Family Relativity“
Dafür klickt man in der geöffneten Liste der DNA-Matches oben rechts auf "Filter", dann auf das links darunter neu erscheinende Feld "Stammbaumdetails" und wählt danach in der erscheinenden Liste "Hat eine Theory of Family Relativity" aus. Zack! Fertig!
Jetzt werden alle Matches angezeigt, bei denen MyHeritage vermutet eine direkte verwandtschaftliche Beziehung gefunden zu haben.
Bei Ancestry läuft das Ganze über den Filter „gemeinsame Vorfahren“
Dafür klickt man in der geöffneten Liste der DNA-Matches unter „Filtern nach“ auf das Feld „Gemeinsame Vorfahren“. Und schon werden nur noch Matches angezeigt, bei denen Ancestry meint einen gemeinsamen Vorfahren gefunden zu haben.
DNA-Matches auswerten und klären – Schritt 2
Ordnung ist das halbe Leben!
Also versuchen sie die bisher geklärten Matches zu sortieren und erst einmal grob der väterlichen oder mütterlichen Linie zuzuordnen. Später können sie das Ganze ja erweitern und eine feinere Sortierung nach gemeinsamen Vorfahren oder Familienlinien machen.
Nutzen sie dafür die vorhandene Möglichkeit die einzelnen Matches durch eine farbige Markierung nach einer Familienlinie, einem Familiennamen oder nach gemeinsamen Vorfahren zu sortieren. Man kann bei Ancestry und MyHeritage jedem Match farbige Markierungen (heißen bei MyHeritage Labels) zuordnen, die dann jeweils für eine bestimmte Gruppe von Matches stehen.
Hier ein kleines Anwendungsbeispiel:
Alle geklärten Matches mit gemeinsamen Vorfahren aus meiner mütterlichen Gimm Linie würden z. B. bei mir eine gelbe Markierung bekommen und wären dann in der endlosen Matchliste direkt als Gimm-Matches zu erkennen. Meiner väterliche Pokolm Linie würde ich dann eine grüne Markierung verpassen.
Diese Markierungen erleichtert dann auch die Auswertung von noch nicht geklärten Matches, indem man einfach in der Auswertungsansicht des einzelnen Match unter „gemeinsame Matches“ nachschaut ob dort evtl. farbig markierte Matches vorhanden sind. Tauchen dort zufällig gelb markierter Matches auf, wüsste ich schon mal, dass dieser Match vermutlich eine Verbindung über meine mütterliche Gimm Linie zu mir hat.
Man kann das Ganze noch verfeinern, indem man farbige Markierungen für bereits ermittelte gemeinsame Vorfahren erstellt und diese an geklärte Matches pappt. Zum Beispiel würde dann eine rote Markierung bei mir die Bezeichnung "Jes Brodersen-Catharina Winter" für eines meiner Vorfahren-Paare bekommen, die sich als gemeinsame Vorfahren zu einem Match herausgestellt haben. Dadurch könnte man mit etwas Glück viele noch ungeklärte Matches, die in der Anzeige "gemeinsame Matches" erscheinen, schon einmal einer bestimmten Linie zuordnen. Entdecke die Möglichkeiten!
Kleiner Tipp: Lassen sie, wenn möglich, auch ihre Eltern testen, dann haben sie es einfacher, die einzelnen Matches der väterlichen oder der mütterlichen Linie zuzuordnen. Optimal wäre es, wenn sie noch die Möglichkeit haben zusätzlich alle 4 Großeltern testen zu lassen.
DNA-Matches auswerten und klären – Schritt 3
Weiter geht es nun mit der Auswerten der anderen Matches auf ihrer Liste, die sie noch nicht zuordnen konnten.
Überprüfen sie, ob der Match einen informativen Stammbaum hinterlegt hat.
Wenn ja, suchen sie dort nach Familiennamen oder Herkunftsorten, die mit ihrer Familie übereinstimmen könnten. Falls sie fündig geworden sind, setzen sie an dieser Stelle an und versuchen sie über die klassische Papierforschung, also das Auswerten von Kirchenbüchern, Standesamtsunterlagen und sonstigen genealogischen Quellen, eine Verbindung zwischen den beiden Familien zu finden.
Falls der Match keinen oder nur einen schlecht bestückten Stammbaum hinterlegt hat, prüfen sie, ob es evtl. „gemeinsame Matches“ gibt, die einen aussagekräftigeren Stammbaum haben, in dem es Hinweise gibt, in welche Richtung die Reise gehen könnte.
„Gemeinsame Matches“ sind getestete Personen, die sich mit ihnen und ebenfalls mit dem gerade angezeigten Match genetische Übereinstimmung teilen. Das deutet dann darauf hin, dass es vermutlich irgend eine gemeinsame Verwandtschaftsbeziehung untereinander gibt.
Hinweis zu der Auflistung der „gemeinsame Matches“ bei Ancestry: dort werden nur Matches angezeigt, deren cM Wert höher als 20 ist. Gemeinsame Matches unterhalb von 20 cM werden also nicht angezeigt, obwohl es sie gibt.
MyHeritage hat hier keine Begrenzung und zeigt gemeinsame Matches ab 7 cM aufwärts an.
Prüfen sie auf jeden Fall, ob der Match unter gleichem Namen bei einem der anderen genealogischen Portale vertreten ist und dort evtl. einen Stammbaum hinterlegt hat. Ich hatte mal einen Match, der mir auf Ancestry und ebenfalls auf MyHeritage angezeigt wurde. Die Person hatte bei MyHeritage einen Stammbaum mit nur 95 Personen, dafür aber auf Ancestry einen Stammbaum mit über 3000 Personen und war auch bei Familysearch mit einem gut gefüllten Stammbaum zu finden.
Wer suchet, der findet!
Gehen wir einmal davon aus, dass der Schutzheilige der Familienforscher es gut mit ihnen meint und sie im Stammbaum des Matches eine Person mit einem bekannten Familienamen oder eine Ortschaft gefunden haben, die zu ihrer Familie paßt. Dies ist dann der Augenblick, wo sie sich voll in die Papierforschung stürzen müssen, wenn sie diesen Match klären wollen. Im Grunde genommen setzt man bei der erfolgversprechenden Person im Stammbaum des Matches an und erforscht diese Linie über die Auswertung von Kirchenbüchern und anderen Quellen weiter, bis man hoffentlich eine Verbindung zur eigenen Familie findet. Ist natürlich eine Menge Arbeit, die sich aber lohnt!
Ich erstelle für die Matchklärung immer einen "Arbeitsstammbaum" bei Ancestry (geht aber auch wo anders oder offline), in dem ich alle gesammelten Daten aus meiner Auswertung der Kirchenbücher usw. einpflege.
Falls die spontane Klärung über die Auswertung von hinterlegten Stammbäume nicht funktionieren sollte, schreiben sie den Match freundlich an und bitten ihn um weiter Informationen über seine Familie.
Hier sollten sie aber etwas Geduld mitbringen, wenn sie auf Antwort warten.
Man hat hier erfahrungsgemäß folgende Chancen: Der Match antwortet direkt, in einem Monat, nach mehreren Jahren oder nie.
Hat etwas von einem Lotteriespiel. Drücke die Daumen!
DNA-Matches auswerten und klären – Schritt 4
Der klägliche Rest ...
Am Ende wird leider eine große Anzahl von Matches übrigbleiben, die sie trotz größter Anstrengung nicht klären konnten.
Die Klärung von DNA-Matches beruht ja immer darauf, dass man die vermutete familiäre Verbindung über Einträge in Kirchenbücher, Standesamtsunterlagen oder anderen Dokumenten bestätigen kann.
Irgendwann kommt man bei seiner Forschung aber an den Punkt, an dem man keine überlieferten Dokumente mehr findet, auf die man sich berufen könnte. Alles was grob 350-400 Jahre zurückliegt, ist meist nicht mehr mit Dokumenten belegbar und dann ist es natürlich unmöglich noch irgend einen gemeinsamen Vorfahren zu finden.
Und dieser gemeinsame Vorfahre ist ja der Verbindungspunkt zu ihrem Match.
Und auch die Auswertungsmöglichkeit eines DNA-Test kommt nach eine bestimmten Anzahl von zurückliegenden Generationen an ihre Grenzen, da sich ja die von den Vorfahren weitergegebenen DNA von Generation zu Generation ausdünnt.
In manchen Fällen kann es sein, dass dann die Menge der weitervererbte DNA eines weiter entfernten Vorfahren nicht mehr ausreicht, um eine sichere Zuordnung zuzulassen. Oder im schlimmsten Fall ist die DNA in irgend einer Generation nicht mehr weitervererbt worden, sodass sie gar keine Spuren mehr der DNA ihres Vorfahren in sich tragen.
Da kann dann ein DNA-Test auch keine Wunder mehr bewirken.
Übrig bleiben dann jede Menge ungelöste Rätsel.
Und neben der Limitierung durch fehlende Dokument oder zu wenig weitervererbter DNA, gibt es zusätzlich auch die Möglichkeit, dass der Test-Anbieter die Übereinstimmung mit dem Match einfach falsch berechnet hat.
Dies passiert bei allen gängigen Anbietern relativ oft, betrifft aber hauptsächlich nur Matches mit niedrigeren cM-Werten (grob ab 50 cM und niedriger).
Hier handelt es sich dann um sogenannte „falsch positive“ Matches, die nur zufällig übereinstimmen und bei denen es keinen echten gemeinsamen Vorfahren gibt.
Da kann man dann lange suchen! |